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Klinischer Fall – Depopulierung: Streptokokken, was für eine Qual!

Letztendlich war eine Depopulierung der gewählte Weg, um die Sterblichkeit und den übermäßigen Antibiotikaverbrauch in der Aufzuchtphase und den nachfolgenden Phasen zu verringern.

Bei dem in diesem Artikel behandelten Betrieb handelt es sich um einen Zuchtbetrieb mit etwa 2.500 Sauen, der in einem Gebiet mit hoher Schweinebesatzdichte liegt. Die Ferkel werden im Alter von vier Wochen abgesetzt und in externe Aufzuchtstationen gebracht. Je nach der Kapazität der einzelnen Standorte erhalten die Aufzuchtstationen die Ferkel ab der zweiten oder dritten Woche nach dem Absetzen. Im Laufe der Jahre ist der Betrieb vom Zukauf von Ersatztieren zur Eigenremontierung übergegangen und bezieht nur noch Spermadosen.

Die Tiere werden regelmäßig gegen PRRSV geimpft. Was die externe Biosicherheit anbelangt, so ist der Betrieb gut strukturiert und organisiert, wie auf dem Bild (Abb. 1) zu sehen ist: keine Fahrzeuge fahren in den reinen Bereich und keine Personen betreten den Betrieb, ohne eine Hygieneschleuse zu passieren, die mit einer speziellen Dusche und Bekleidung ausgestattet ist; das Einsammeln toter Tiere erfolgt im Außenbereich.

Abb. 1: Luftaufnahme eines Sauenbetriebs

Abb. 1: Luftaufnahme eines Sauenbetriebs

Da der Betrieb in einem Gebiet mit hoher Besatzdichte liegt, war und ist er PRRS-instabil; durchschnittlich zweimal pro Jahr dringt ein neuer PRRSV-Stamm in den Betrieb ein, was sich auf die Reproduktionsleistung der Sauen, vor allem aber auf die Ferkelsterblichkeit auswirkt.

Der Grund für den Anstieg der Sterblichkeit in den Wochen unmittelbar nach einem Ausbruch liegt in der schlechten Qualität der abgesetzten Ferkel. In den folgenden Wochen ist der Anstieg der Sterblichkeit nicht so sehr oder zumindest nicht nur auf die Zunahme der durch das PRRS-Virus verursachten Atemwegssymptome zurückzuführen, sondern hauptsächlich auf die Zunahme der bakteriellen Sekundärinfektionen: Escherichia coli, Glasserella parasuis und vor allem Streptococcus suis.

Seit 2018 werden im Zuge der Umsetzung der Leitlinien für die umsichtige Verwendung von Antibiotika die Forschungen und Tests zur Verringerung der Sterblichkeit in den Aufzuchtstationen bei gleichzeitiger Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes intensiviert. Kritische Antibiotika (CIA) werden nicht mehr verwendet.

Während Durchfallprobleme bei Saug- und Absetzferkeln (E. coli) zu relativ wenigen Verlusten und mäßigem Antibiotikaeinsatz führten, war dies bei S. suis nicht der Fall.

Die Behandlung mit Penicillinen (Amoxicillin) war sowohl bei Saugferkeln mit mehreren intramuskulären Injektionen als auch in der Aufzuchtphase über orale und intramuskuläre Verabreichung erforderlich, wobei der Einsatz deutlich über unseren Zielvorgaben lag (s. Abb. 2 und 3). Und trotz der therapeutischen und metaphylaktischen Anwendung waren die Verluste immer noch sehr hoch.

Abb. 2: Vergleich des Antibiotikaeinsatzes im Sauenbetrieb inkl. Aufzuchtstationen mit dem nationalen Durchschnitt mithilfe von Classyfarm, einem computergestützten System des Gesundheitsministeriums zum Monitoring von Betrieben. DDD (durchschnittliche Tagesdosis eines Wirkstoffs in mg pro kg Lebendgewicht)

Abb. 2: Vergleich des Antibiotikaeinsatzes im Sauenbetrieb inkl. Aufzuchtstationen mit dem nationalen Durchschnitt mithilfe von Classyfarm, einem computergestützten System des Gesundheitsministeriums zum Monitoring von Betrieben. DDD (durchschnittliche Tagesdosis eines Wirkstoffs in mg pro kg Lebendgewicht)

Abb. 3: Analyse des Arzneimittelverbrauchs nach Kategorien in der Absetzphase gemäß Classyfarm, einem computergestützten System des Gesundheitsministeriums zum Monitoring von Betrieben

Abb. 3: Analyse des Arzneimittelverbrauchs nach Kategorien in der Absetzphase gemäß Classyfarm, einem computergestützten System des Gesundheitsministeriums zum Monitoring von Betrieben

Nachdem 2018 die Verwendung eines autogenen Impfstoffs auf Aluminiumhydroxidbasis getestet wurde und keine Verbesserung eintrat, wurde 2020 beschlossen, ein Studie durchzuführen, um die unter Sauen und abgesetzten Ferkeln zirkulierenden Stämme im Detail zu analysieren.

Diese ergab, dass der Serotyp, der sowohl unter Sauen als auch unter abgesetzten Ferkeln zirkulierte, Streptococcus suis Serotyp 9 war. Gleichzeitig wurden auch die mit diesem Serotyp verbundenen Virulenzfaktoren bewertet. S. suis exprimiert mehrere Virulenzfaktoren. Die wichtigsten sind das Muramidase-Released-Protein (MRP), das durch das MRP-Gen kodiert wird, der Extrazellulär-Faktor (EF), der durch das EPF-Gen kodiert wird, und das Toxin Suilysin (Hämolysin), das durch das SLY-Gen kodiert wird (Silva et al., 2006).

Unser Serotyp war immer mit den Virulenzfaktoren MRP und SLY assoziiert, wie in Tabelle 1 zu sehen ist. Deshalb versuchten wir auch, eine Autovaccine aus dem Serotyp 9 mit Montanide als Adjuvans zu verwenden. Das Protokoll sah zunächst eine Doppelimpfung der Zuchtsauen und anschließend die Impfung der Ferkel vor.

Tabelle 1: Isolate von Sauen und Absetzferkeln: Serotyp, Virulenzfaktoren und Antibiotikaempfindlichkeit (S = sensibel, R = resistent, I = intermediär)

Sample serotype Virulence factor Ceftiofur Penicillin Ampicilin Sulfamethoxazole+
Trimethoprim
Enrofloxacin Tetracycline Florfenicol
Brain 9 mrp/sly S I S S I R S
Brain 2 neg S S S S R R S
Brain 9 mrp/sly S R S S S R S
Joint 9 mrp/sly S R S S I R S
Brain 9 mrp/sly S R I S R R S
Spleen 9 mrp/sly S I S S I R S
Brain 9 mrp/sly S R I S I R S

Auch dieses Verfahren führte nicht zu einer signifikanten Verbesserung im Hinblick auf die Reduzierung der Sterblichkeit und/oder des Antibiotikaeinsatzes.

Weitere Versuche wurden von 2018 bis 2021 durchgeführt: Einsatz von Monolaurin, Säuerungsmitteln, kommerziellen Impfstoffen. Keiner davon führte zu Verbesserungen.

Der Gesundheitszustand, insbesondere bei den Absetzferkeln, entsprach nicht den Zielvorgaben: Die wirtschaftlichen Verluste waren sowohl auf die Sterblichkeit als auch auf die Wertminderung von Ferkeln zurückzuführen, die nicht zum Marktwert verkauft werden konnten (Abb. 4). Im letzten Analysejahr (2020-2021) wurden 15 % der abgesetzten Ferkel nicht oder nicht zum Marktwert verkauft. Auch das Ziel, den Einsatz von Antibiotika zu verringern, wurde nicht erreicht.

Abb. 4: Entwicklung der Sterblichkeit (%) und des Anteils der minderwertigen Ferkel beim Absetzen von Januar 2018 bis März 2022

Abb. 4: Entwicklung der Sterblichkeit (%) und des Anteils der minderwertigen Ferkel beim Absetzen von Januar 2018 bis März 2022

Im Herbst 2021 wurde eine komplette De- und Repopulierung des Bestands beschlossen, um die bakterielle Belastung des Betriebs auf Null „zurückzusetzen“. Gegen das PRRS-Virus konnten wir nur wenig tun; unser Ziel war es, bakterielle Sekundärinfektionen zu begrenzen.

In Absprache mit dem Genetikunternehmen, das die Zuchttiere liefern sollte, wurde eine Produktionspyramide festgelegt, die den Anforderungen des Kunden entsprach. Anschließend wurde ein gründliches Screening bei dem künftigen Lieferanten der Tiere für den Wiederaufbau des Bestands durchgeführt, insbesondere im Hinblick auf S. suis:

  • 60 Kehlkopfabstriche wurden von Ferkeln verschiedener Altersstufen entnommen, in denen sie am anfälligsten für Infektionen sind (5 bis 12 Wochen).
  • Als Transportmedium diente ein Amies-Aktivkohle-Medium (höhere Nachweisempfindlichkeit).
  • Von den 60 Proben wurden 45 Isolate gewonnen, die nicht den Streptococcus-Serotypen 1, 2, 4, 7 oder 9 (klinische Relevanz) entsprachen.
  • Nur 4 der 45 nicht typisierbaren S. suis-Isolate wiesen einen der drei Streptokokken-Virulenzfaktoren (EPF, MRP oder SLY) auf, aber keines hatte alle drei zusammen.

Daher schien es recht unwahrscheinlich, dass die Tiere in dieser Produktionspyramide eine durch Streptokokken verursachte Meningitis aufweisen könnten. Außerdem wurden in dieser Produktionspyramide praktisch keine Aminopenicilline eingesetzt.

Auf der beruhigenden Grundlage dieser epidemiologischen Untersuchung wurde der Neuaufbau des Bestands geplant.

Die ersten Ferkel wurden Anfang 2023 geboren. Genau zum Zeitpunkt des ersten Absetzens wurde der Betrieb von einem neuen PRRSV-Stamm befallen. Dennoch sind die bisher vorliegenden Daten in Bezug auf die Sterblichkeit (Abb. 5) und den Antibiotikaeinsatz (Abb. 6) ermutigend. Obwohl die ersten Partien aus Ferkeln bestanden, die nach einem PRRS-Ausbruch geboren wurden und zudem ausschließlich von erstgebärenden Sauen stammten, lag die Sterblichkeitsrate tendenziell um etwa 50 % niedriger als im vorangegangenen Zeitraum.

Abb. 5: Sterblichkeit (%) und Anteil der minderwertigen Ferkel beim Absetzen vor (Oktober 2020 bis März 2022) und nach (März bis Juli 2023) der De- und Repopulierung

Abb. 5: Sterblichkeit (%) und Anteil der minderwertigen Ferkel beim Absetzen vor (Oktober 2020 bis März 2022) und nach (März bis Juli 2023) der De- und Repopulierung

Abb. 6: Entwicklung des Antibiotikaverbrauchs (DDD, durchschnittliche Tagesdosis eines Wirkstoffs in mg pro kg Lebendgewicht) im Sauenbetrieb im Vergleich zum nationalen Durchschnitt (Daten für 2019 sind unvollständig)

Abb. 6: Entwicklung des Antibiotikaverbrauchs (DDD, durchschnittliche Tagesdosis eines Wirkstoffs in mg pro kg Lebendgewicht) im Sauenbetrieb im Vergleich zum nationalen Durchschnitt (Daten für 2019 sind unvollständig)

Bei der Entscheidungsfindung und der Festlegung des Geschäftsplans wurden greifbare und messbare Werte wie die Verbesserung der Produktionsleistung und die Einsparung von Medikamenten berücksichtigt, aber auch ethische Aspekte und damit die Einhaltung der Leitlinien für die umsichtige Verwendung von Antibiotika spielten eine wichtige Rolle. Der Hof musste gewartet und umgebaut werden, weshalb er länger als üblich leer stand.

Obwohl es je nach Marktlage zu erheblichen Abweichungen kommen kann, ist unter Berücksichtigung der Mindestzeit für die De- und Repopulierung ohne Einbeziehung der außerordentlichen Arbeiten mit einer Amortisation der Investitionen (ohne Zinsaufwendungen) in etwa 2,5 bis 3,5 Jahren zu rechnen.

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