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Was hat sich an der Epidemiologie des Porcinen Circovirus geändert?

Die Welt der Viren ist dynamisch. Je nach unseren Maßnahmen verändert sich ihre Epidemiologie. Es tauchen neue Stämme und neue Serotypen auf. Sind wir darauf vorbereitet?

20 April 2020
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Interview mit Oliver Duran, Leiter des Global Swine Technical Teams bei Boehringer Ingelheim Animal Health.

Gab es Änderungen bei den PCV2-Impfprotokollen für Ersatz- und Zuchttiere?

Heute ist die Impfung von Ersatztieren zwar eine gängige Praxis, aber eine routinemäßige Impfung der Muttersauen erfolgt viel seltener. Da bei der Epidemiologie dieser Krankheit viele Faktoren eine Rolle spielen, gibt es verschiedene Theorien: Einige Theorien besagen, dass Impfungen und eine anschließende Infektion mit dem Virus aus der Umgebung ausreichen würden, um eine solide Immunität zu erzeugen und keine Instabilität im Betrieb zu riskieren.

Auf der anderen Seite wurden Partien von seronegativen Jungsauen dokumentiert. Diese Jungsauen, die seronegativ im Sauenbetrieb ankommen und daher vollkommen infektionsanfällig sind, stellen ein Risiko dar. Wenn die weiblichen Ersatztiere nicht geimpft sind und es aufgrund des konstanten Impfdrucks der letzten 15 Jahre keine Feldinfektion gibt, kann es zu einer Situation kommen, in der wir einen Sauenbetrieb haben, der sehr anfällig für PCV2 ist. Dies kann zwei Probleme verursachen: zum einen bei den Masttieren, die von diesen Sauen produziert werden, und zum anderen bei den Sauen selbst, was zu Fortpflanzungsproblemen führt. Diese beiden Probleme müssen nicht zusammen auftreten und nicht alle landwirtschaftlichen Betriebe weisen Fortpflanzungsprobleme auf.

Dies macht uns bewusst, wie wichtig es ist, einen guten kontinuierlichen Monitoringplan zu haben, um beurteilen zu können, ob sich die epidemiologische Situation ändert, und um die Risikoanalyse zu steuern. Die Durchführung der routinemäßigen Impfung von Sauen gibt Ihnen ein zusätzliches Maß an Sicherheit und wird in der Regel in Betrieben durchgeführt, die Fortpflanzungsprobleme aufgrund von PCV2 hatten. Jeder Sachverhalt muss individuell analysiert werden.

Es wird darüber diskutiert, wie sich Massenimpfungen in landwirtschaftlichen Betrieben und die Impfung von Zuchttierbeständen auf die Epidemiologie der Infektion ausgewirkt haben. Was ist Ihre Meinung dazu?

Diese Frage ist umstritten. Es gibt Fälle, in denen berichtet wird, dass das Virus beim Abferkeln im Ferkel vorhanden ist, was auf eine hohe Übertragung von PCV2 von der Sau auf das Ferkel hindeutet. In diesen Fällen hat sich gezeigt, dass eine Massenimpfung der Sauen die Dynamik verändert und die frühe Infektion der Ferkel reduziert. Man hat solche Fälle zwar in den USA und in Spanien beobachtet, weltweit wurden sie jedoch nicht bestätigt.

Wie diese Ferkel, die als Neugeborene schon mit PCV2 infiziert und durch maternale Antikörper geschützt sind, auf eine Impfung reagieren, ist in dem Labor ziemlich schwer zu replizieren, um es untersuchen zu können. Normalerweise zeigt die Epidemiologie frühe klinische Fälle (2-3 Wochen nach dem Absetzen). Wenn Betriebe, die routinemäßig impfen, klinische Probleme mit PMWS beobachten, ist das Erste, was zu tun ist, herauszufinden, ob die Impfrichtlinien korrekt befolgt wurden oder, ob das Problem wirklich auf der Tatsache beruht, dass die Tiere bereits zum Zeitpunkt der Impfung infiziert waren. Letztere Situation wurde in sporadischen Fällen beobachtet, stellt aber nicht die Mehrheit der beobachteten Fälle dar. Meine Kollegen und ich sehen gelegentlich Fälle, in denen nicht korrekt geimpft wurde. Dies war entweder auf menschliches Versagen (Impfung mit unzureichender Dosis, unvollständige Impfung einer Partie oder Gruppe, schlechte Impftechnik) oder auf den schlechten Umgang mit dem Produkt oder auf die erfolglose Durchführung der Impfung an sich zurückzuführen.

Es muss betont werden, dass im empfohlenen Impfprogramm mit CircoFLEX die Impfung der Sauen die Impfung der Ferkel niemals ersetzen kann.

Wann sollte ein Betrieb bedenken, dass er Fortpflanzungsprobleme im Zusammenhang mit PCV2 haben könnte?

Population, die vollständig aus Jungsauen besteht. Dabei wird festgestellt, dass der Betrieb nicht die reproduktiven Ergebnisse erzielt, die man angesichts der genetischen Voraussetzungen der Tiere, mit denen er arbeitet, erwarten würde. Wir sollten keine große Zahl an Aborten, Totgeburten usw. erwarten. Es geht vielmehr um einen Verlust der Reproduktionseffizienz, der manchmal schwer zu diagnostizieren ist. In einigen Fällen kann das Krankheitsbild einer Parvovirose ähneln, bei der die Zahl der mumifizierten Ferkel zunimmt, die, selbst bei einem nicht drastischen Anstieg festgestellt werden können, wenn es ein gutes Datenerfassungssystem gibt (Foto 1).

Foto 1: Auswirkungen von PCV2 auf die Reproduktion
Foto 1: Auswirkungen von PCV2 auf die Reproduktion

Für eine korrekte Diagnose ist eine gute Stichprobe von totgeborenen und mumifizierten Ferkeln erforderlich. Durch den Nachweis histologischer Läsionen in Organen in Kombination mit einem Antigennachweis mithilfe einer PCR oder der Immunhistochemie ist es möglich, eine PCV2-Infektion zu bestätigen.

Und wie wirkt sich das Vorhandensein maternaler Antikörper auf die Wirksamkeit der Ferkelimpfung aus?

Jeder Impfstoff unterscheidet sich in seiner Zusammensetzung, den Adjuvanzien und in der Art und Weise, wie er Immunität erzeugt, wobei all diese Faktoren einen Einfluss auf seine Wirkung in der Praxis haben. Die Frage, wie der Impfstoff bei vorhandenen maternalen Antikörpern wirkt, ist nicht neu und wir haben vor Kurzem neue Daten (Link zur Publikation) veröffentlicht, die das individuelle Verhalten von Ferkeln in Gegenwart verschiedener Konzentrationen maternaler Antikörper (niedrig, hoch, sehr hoch) zum Zeitpunkt der Impfung beurteilen. In allen Fällen hatten geimpfte Tiere unabhängig vom Antikörperspiegel, der zum Zeitpunkt der Impfung vorhanden war, eine bessere Wachstumsleistung als ungeimpfte Tiere. Die Ferkelimpfung in diesem Test (CircoFLEX) verbesserte die durchschnittliche Gewichtszunahme pro Tag und reduzierte die Sterblichkeit und die PCV2-Virämie unabhängig vom Spiegel maternaler Antikörper zum Zeitpunkt der Impfung.

Diese guten Ergebnisse der Impfung bei einem vorhandenen hohen Spiegel maternaler Antikörper sind wahrscheinlich auf die Tatsache zurückzuführen, dass das Ziel von CircoFLEX darin besteht, eine Immunantwort zu erzeugen, die auf die zelluläre Immunität gerichtet ist, die nicht so anfällig zu sein scheint wie eine Reaktion, die eine stärkere Einbeziehung von Antikörpern erfordert. Studien an der Universität Wien zeigten, dass der Schutz auf die Erzeugung hoher Konzentrationen von CD4+ T-Zellen zurückzuführen ist, die die Produktion von Zytokinen induzieren, die gegen PCV2 wirksam sind (Koenig et al 2015). Umgekehrt hat sich gezeigt, dass hohe Titer an nicht-neutralisierenden Antikörpern nicht mit dem Schutz korrelieren (Tribble et al 2012). Diese Art der Reaktion ist durch das Design von CircoFLEX in Bezug auf das Antigen und insbesondere auf das Adjuvans gegeben, das sehr stark auf die zellvermittelte Immunität und nicht so sehr auf Antikörper ausgerichtet ist.

Die Kenntnis der grundlegenden Eigenschaften des Impfstoffs, den wir im Betrieb verwenden, ist wichtig, um andere Elemente beurteilen zu können. Diese stärkere Ausrichtung auf die Stimulierung der zellvermittelten Immunität bedeutet beispielsweise, dass nicht alle Tiere, die dem Feldvirus nicht ausgesetzt waren und mit CircoFLEX geimpft wurden, bei kommerziellen ELISA-Tests eine Serokonversion zeigen, sie aber dennoch vor PCV2 geschützt sind.

Kontrollieren wir die subklinische PCV2-Infektion?

Die Auswirkungen subklinischer Krankheiten sind schwer messbar, da sie von einer Vielzahl betriebsspezifischer Faktoren abhängen, die im Labor nur schwer reproduzierbar sind. Wir haben Situationen erlebt, in denen die landwirtschaftlichen Betriebe, die zu sehr niedrigen Preisen produzieren mussten oder wollten, den Einsatz von Impfstoffen reduzierten (z. B. durch die Verabreichung halber Dosen) und dann Situationen beobachteten, in denen es eine signifikante Wirkung auf das Wachstum gab (Foto 2), ohne dass dies möglicherweise zu Mortalitätsraten wie bei typischen PMWS-Fällen führte. Tierärzte, die vor dem Aufkommen des Impfstoffs gegen PMWS gekämpft haben, sind sich des Nutzens voll bewusst, der mit einer subklinischen PCV2-Infektion verbunden ist. Für jüngere Tierärzte, die die Auswirkungen der Krankheit nicht erlebt haben, ist es im Grunde ein Routineimpfstoff geworden, was es für sie schwieriger macht, die Auswirkungen zu ermessen.

Foto 2: Kümmerndes Schwein im Maststall
Foto 2: Kümmerndes Schwein im Maststall

Stehen den Tierärzten gute Diagnoseverfahren zur Verfügung?

Die Verfahren existieren, aber es ist wichtig, sie richtig einzusetzen und zu interpretieren, um valide Schlussfolgerungen zu ziehen, die uns helfen, eine Lösung zu finden.

Es ist immer wichtig, von einer guten Diagnose auszugehen, was in einigen Betrieben, in denen die Zahl der Tiere wächst, die pro Tierarzt überwacht werden müssen, immer schwieriger wird. Wir müssen oft feststellen, dass es an detaillierten Diagnosen mangelt, entweder unmittelbar aufgrund einer fehlenden diagnostischen Bestätigung oder, weil es tatsächlich Mischinfektionen gibt, die durch mehrere Krankheitserreger verursacht wurden. Wenn wir ein Tier sehen, das in der Zeit nach dem Absetzen an Gewicht verliert, wird oft angenommen, dass dies mit PCV2 und dem Wasting-Syndrom zusammenhängt. Dabei sollten wir tatsächlich daran denken, dass es viele Management-, Ernährungs- oder Umweltfaktoren oder andere Pathologien gibt, die zu klinischen Symptomen führen könnten, die PMWS relativ ähnlich sind (Bild 3).

Foto 3: Schwein mit Wachstumsverzögerung
Foto 3: Schwein mit Wachstumsverzögerung

Es ist wichtig, mehr als ein diagnostisches Verfahren zu kombinieren: PCR mit Histologie, PCR zusammen mit einer guten klinischen Bewertung oder korrekt ausgeführten Sektionen. Schlussfolgerungen zu ziehen, die ausschließlich auf PCR-Ergebnissen beruhen, liefern nicht genügend Informationen, auf deren Grundlage geeignete Lösungen angeboten werden können. PCR kann Viren in extrem geringen Mengen erkennen, aber was bedeutet ein PCV2-positives PCR-Ergebnis, wenn wir wissen, dass Impfungen die Viruspräsenz nicht vollständig eliminieren? Leistungsfähigere Diagnoseverfahren implizieren einen größeren Bedarf an richtigen Interpretationen, um sich nicht zu falschen Schlussfolgerungen verleiten zu lassen, die uns noch weiter von einer Lösung entfernen.

PCV-2-Stämme variieren im Laufe der Zeit. Wie wirkt sich dies auf den Schutz aus, den wir von Impfstoffen erwarten können?

Wir müssen immer Ausschau nach neuen Stämmen und neuen Serotypen halten. Boehringer Ingelheim verfügt über ein Monitoringprogramm für neue Stämme und Viren. Ziel dieses Programms ist es, beim Auftauchen eines neuen Stamms zu überprüfen, ob die Impfstoffe, die wir derzeit auf dem Markt haben, einen angemessenen Schutz gegen sie bieten, oder gegebenenfalls Maßnahmen für künftige Entwicklungen zu ergreifen. Bisher konnten wir durch experimentelle Infektionen mit den neuen PCV2-Stämmen nachweisen, dass CircoFLEX auch die neuen Stämme abdeckt. Auch aus den Erfahrungen unserer Kunden gewinnen wir viele wertvolle Informationen. Wir führten Studien in Betrieben durch, in denen Impfungen als sehr erfolgreich angesehen werden können, wobei es dort keine klinischen Fälle gab, das Circovirus aber nachgewiesen werden konnte. Hier sehen wir, dass das genetische Profil von PCV2-Stämmen variiert und der Impfstoff dennoch funktioniert.

Aber die Welt der Viren ist dynamisch und dieses fortlaufende Monitoringprogramm, das entweder durch die Kommunikation mit unseren Kunden oder die Zusammenarbeit mit Forschungsgruppen stattfindet, ist der Schlüssel, um über das Geschehen im Betrieb informiert zu bleiben und vorbereitet zu sein, wenn Veränderungen auftreten.

Es wurden auch PCV3- und vor Kurzem PCV4-Viren entdeckt. Wissen wir, welche Auswirkungen diese Viren haben?

PCV3 und PCV4 sind sehr unterschiedliche Viren, die wenig genetische Ähnlichkeit mit PCV2 haben, und daher ist nicht zu erwarten, dass PCV2-Impfstoffe gegen diese anderen Viren wirksam sein werden.

Bis heute wurden sehr sporadische Fälle von Problemen im Zusammenhang mit PCV3 gemeldet, bei denen das Virus einen geringen Einfluss auf die Fortpflanzungsparameter hatte, der nicht sehr offensichtlich war. Es stimmt auch, dass PCV3 von gesunden Tieren und von landwirtschaftlichen Betrieben isoliert werden konnte, die keinerlei Probleme hatten. Aber es gibt viele Dinge, die sich ändern können, wie beispielsweise die Anfälligkeit der Schweine, das Virus selbst oder andere Faktoren. Zum Beispiel trat PCV2 bei Schweinen bereits 20 Jahre vor den schwerwiegenden klinischen Problemen auf, die wir dann erlebten. Wir halten es daher für wichtig, diese aktive Überwachung beizubehalten, um im Falle irgendwelcher Änderungen möglichst gut vorbereitet zu sein.

PCV4 wurde vor Kurzem in China entdeckt, wo das Virus in einigen klinischen Fällen, in denen andere Infektionen auftraten, nachgewiesen wurde. Es ist noch zu früh, um zu wissen, ob es irgendeine klinische Relevanz haben wird.

Welche Herausforderungen stellt das Porcine Circovirus für die Zukunft dar?

Wir dürfen die Auswirkungen, die PMWS auf die Schweineindustrie hatte, nicht vergessen, um uns der Notwendigkeit bewusst zu sein, dass die PCV2-Impfung weiterhin korrekt durchgeführt werden muss. Wir wissen, dass die Probleme in dem Moment zurückkehren würden, in dem man die Impfung einstellen würde. Wir arbeiten weiter daran, das ideale Kontrollprogramm zu definieren, bei dem wir den größtmöglichen Nutzen aus der Investition in den Impfstoff erzielen und Situationen vermeiden können, in denen die Kosten des Impfstoffs dadurch verschwendet werden, dass entweder Fehler bei der Verabreichung des Impfstoffs oder beim Impfplan passieren oder die verschiedenen Produktionsbereiche des Betriebs (Sauen, Mastschweine und Ersatztiere) nicht abgedeckt werden.

Um dem Kunden weiterhin einen Mehrwert zu bieten, ist die Kommunikation mit den Betriebstierärzten sowie die direkte Arbeit unserer Kollegen mit den Kunden unerlässlich.

Eine weitere Herausforderung, die im Vordergrund steht, ist die Gesundheit des Betriebs als Ganzes und nicht so sehr die isolierte Bewertung von Viren oder Produkten. Suchen Sie nach Strategien zur Maximierung der Produktivität und berücksichtigen Sie alle Herausforderungen als Ganzes, anstatt ein bestimmtes Virus zu bewerten, ohne die Gesamtsituation zu berücksichtigen. Solche umfassenden Ansätze müssen alle relevanten Faktoren einbeziehen, die neben der richtigen Wahl und Verabreichung des Impfstoffs von der Biosicherheit über das korrekte Rein-Raus-Verfahren bis hin zur Liebe zum Detail reichen.

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