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Getahvirus (GETV) – eine neu auftretende arbovirale Ursache für Reproduktionsverluste und perinatale Sterblichkeit in der chinesisch-asiatischen Schweineindustrie

Müssen wir uns Sorgen machen? Lesen Sie, wie dieses durch Mücken übertragene Virus in chinesischen Schweinebetrieben zu Fortpflanzungsproblemen und perinataler Sterblichkeit führte.

Das Getahvirus (GETV), ein einzelsträngiges RNA-Alphavirus, wurde erstmals 1950 aus Stechmücken in Malaysia isoliert. Die Stechmücken wurden mit einer malaysischen Kautschukplantage in Verbindung gebracht. Das Virus wurde nach dem Bahasa-Wort getah benannt, das „Kautschuk“ oder „Latexsaft des Kautschukbaums“ bedeutet. Im Jahr 1978 verursachte ein GETV-Ausbruch in Japan Fieber, Ausschlag und Beinschwellungen bei Rennpferden. Das Getahvirus ist in Asien weit verbreitet, wobei seine Inzidenz variiert. Sie ist im Allgemeinen recht niedrig, nimmt in den letzten Jahren allerdings zu.

Abbildung 1: Ferkel mit Fieber >40° C, Koordinationsstörungen, Zittern, Depression und Durchfall

Abbildung 1: Ferkel mit Fieber >40° C, Koordinationsstörungen, Zittern, Depression und Durchfall

Der erste von uns beobachtete Fall einer Getahvirus-Erkrankung bei Schweinen trat im Frühherbst 2022 in einem Zuchtbetrieb mit 2.000 Sauen im Norden Chinas auf. Bei einzelnen Ferkeln aus mehreren Würfen traten Fieber >40° C, Koordinationsstörungen, Zittern, Depressionen, Durchfall und Todesfälle auf (Abb. 1). Bei der Geburt machten alle Tiere einen normalen Eindruck. Etwa die Hälfte der Ferkel in einem betroffenen Wurf erkrankte in den ersten Lebenstagen. Die Sterblichkeitsrate unter den betroffenen Ferkeln eines Wurfes lag trotz Behandlung bei fast 100 %, während die nicht betroffenen Tiere desselben Wurfes normal wuchsen und einen gesunden Eindruck machten. Die erhöhte (über den normalen Erwartungen liegende) Sterblichkeit lag bei etwa 500 Tieren in ungefähr 100 Würfen lebend geborener und abgesetzter Ferkel. Nicht alle Würfe waren betroffen, und die Fälle waren auf einen einzigen Abferkelstall beschränkt. Die Krankheit schien nicht auf die gesunden Ferkel übertragbar zu sein. Die Sektion zeigte gummiartige Lungen (interstitielle Pneumonie), vergrößerte hämorrhagische Lymphknoten in der Lunge und fibrinohämorrhagische Enzephalitis (Abb. 2).

Abbildung 2: Gummiartige Lunge mit vergrößerten hämorrhagischen Lungenlymphknoten

Abbildung 2: Gummiartige Lunge mit vergrößerten hämorrhagischen Lungenlymphknoten

Die PCR war negativ auf PRRS, Pseudorabies (PrV, Aujeszkysche Krankheit), das Porcine Circovirus PCV2 und PCV3, die Klassische Schweinepest (KSP) und die Afrikanische Schweinepest (ASP). Der Betrieb war vor diesem Ereignis bekanntermaßen frei von PRRS, PrV, KSP und ASP. Die PCR auf das Getahvirus in der Lunge der Ferkel war deutlich positiv. Die Histopathologie zeigte eine schwere interstitielle Pneumonie (Abb. 3) und eine fibrinohämorrhagische Meningoenzephalitis (Abb. 4). Es wurde die Diagnose einer perinatalen Getahvirus-Erkrankung gestellt. Der Betrieb wurde darauf hingewiesen, dass diese Krankheit in erster Linie durch Stechmücken übertragen wird, und es wurden Kontrollmaßnahmen eingeführt. In dem Betrieb traten keine weiteren Fälle oder klinischen Symptome mehr auf, und die Produktion erlangte wieder ein normales Niveau.

Abbildung 3: Interstitielle Pneumonie deutet auf eine mögliche virale Ursache hin

Abbildung 3: Interstitielle Pneumonie deutet auf eine mögliche virale Ursache hin

Abbildung 4: Zerebrale Enzephalitis mit Vaskulitis, Satellitose und Neuronophagie

Abbildung 4: Zerebrale Enzephalitis mit Vaskulitis, Satellitose und Neuronophagie

Ein zweiter Fall ereignete sich in einem reinen Aufzuchtbetrieb mit 2.400 Sauen im östlichen Zentralchina im September/Oktober 2022. Zunächst wurde angenommen, dass PRRS zu dem Abortsturm geführt hatte, der in 2 der 4 Zuchtställe ausgebrochen war, obwohl der PRRS-Status des Betriebs stabil positiv war. Der Abortsturm dauerte mehrere Wochen und erreichte seinen Höhepunkt mit etwa 20 abortierten Würfen pro Woche, meist zwischen dem 70. und 110. Tag der Tragzeit (Abb. 5).

Abbildung 5: Abortierte Föten.

Abbildung 5: Abortierte Föten.

Außerdem wurde eine unregelmäßige Rückkehr zum Östrus beobachtet. Einige Sauen zeigten leichte Appetitlosigkeit, wenn sie ein oder zwei Tage nicht gefüttert wurden. Die Sauensterblichkeit war gering bis null und unauffällig. Im Betrieb traten keine anderen signifikanten Symptome auf. Das Krankheitsbild des Spätaborts und der Frühgeburten machte PRRSV zu einem Hauptverdächtigen. Die PCR auf PRRS war negativ, und wiederholte PCR-Tests der abortierten Föten und des Blutes der Sauen waren negativ auf PRRS, PCV2, PCV3, PrV, KSP und ASP. Die PCR-Untersuchung von den Lungen und der Thoraxflüssigkeit abortierter Feti und des Bluts von Sauen, die Aborte hatten, war mittels rt-PCR sehr deutlich positiv bezüglich des Getahvirus. Diagnostiziert wurde schließlich eine Getahvirus-Infektion, die zum Abort geführt hatte. Der Betrieb meldete eine große Population von Stechmücken und Gnitzen der Gattung Culicoides, die die Sauen befallen hatten. Es wurden Maßnahmen zur Mückenbekämpfung ergriffen, und das Problem konnte gelöst werden.

Ein dritter Fall, der einen Groß- und reinen Zuchtbetrieb mit mehreren tausend Sauen im Norden Zentralchinas betraf, führte im Spätherbst 2022 zu einem starken Anstieg der Aborte. Man befürchtete einen bevorstehenden Abortsturm. Der Betrieb mit hohem Gesundheitsstatus war negativ bezüglich PrV, ASP, KSP und PRRS. Die PCR-Untersuchung der fötalen Thoraxflüssigkeit und der Lunge war deutlich positiv bezüglich des Getahvirus und negativ auf andere verbreitete endemische und grenzüberschreitende Krankheiten einschließlich PRRS, KSP, PrV, ASP, PCV2 und PCV3. Im Bestand traten keine weiteren bedeutenden Symptome auf, und die Aborte hörten mit der Bekämpfung der Mücken und Stechfliegen und dem Einsetzen der kalten Witterung, die das Ende der Saison der fliegenden Arthropoden ankündigte, auf.

Müssen wir uns wegen des Getahvirus Sorgen machen?

In diesem Jahr 2022 hatten wir unsere erste Begegnung mit dem Getahvirus. Ein Mitarbeiter unseres Labors bemerkte es zunächst durch eine zufällige Entdeckung einer unbekannten Bande auf einem PCR-Gel. Die Sequenzierung dieser Bande ergab, dass es sich um die cDNA des Getahvirus handelte, die dann in den Originalproben mit entsprechend entwickelten Primern verifiziert wurde.

„Fleiß ist die Mutter des Glücks.“ – Cervantes

Wir können uns glücklich schätzen, dass unsere Mitarbeiter solche Dinge feststellen und sich bei ihrer Arbeit frei äußern können.

„Die Freiheit, Sancho, ist eines der kostbarsten Geschenke, die der Himmel dem Menschen je gemacht hat.“ – El Quijote

Das Getahvirus wurde in China bereits bei Pferden, Füchsen, Rindern und Schweinen nachgewiesen. Bei einer kürzlich durchgeführten Studie in China wurde das GETV bei 3 % der Stechmücken und 1 % der Schweine gefunden. Es gibt Berichte über ein virales Reproduktionssyndrom und perinatale Sterblichkeit bei Schweinen, die auf das Getahvirus zurückzuführen sind, sowie über eine recht hohe Inzidenz des Virus (bei ~50 % der Schweine) und von Antikörpern gegen das Virus in einigen Regionen, die in anderen wiederum gar nicht zu finden sind. Die Pferdekrankheit in Japan war so besorgniserregend, dass ein Totimpfstoff zu ihrer Vorbeugung entwickelt wurde. Aufgrund von GETV wurde bei Füchsen eine hohe Sterblichkeitsrate und bei Rindern vorübergehendes Fieber beobachtet. Beim Menschen wurden Fälle von Fieber und Serokonversion gegen das Virus beobachtet, aber man geht davon aus, dass die Infektion beim Menschen im Allgemeinen asymptomatisch verläuft. Es gibt 4 Haupttypen des Getahvirus, von denen Typ III in China derzeit am wichtigsten ist. Man nimmt an, dass mehrere verschiedene Gattungen von Stechmücken und Stechfliegen das Virus verbreiten können. Experimentell kann das Virus auf dem oronasalen Weg mit Hilfe von Zellkulturen des Virus übertragen werden, aber man vermutet derzeit, dass das Virus nur in geringem Maße ausgeschieden wird, so dass nur selten eine infektiöse Dosis vorliegt, die zu horizontalen Übertragungen von Schwein zu Schwein führen kann. Die bisherigen Berichte aus den Betrieben stützen das Konzept, dass Arthropoden die Hauptüberträger des GETV sind. Interne Biosicherheitsverfahren in den Betrieben und der Fallbericht machen es unwahrscheinlich, dass schmutzige Spritzen und Nadeln die Krankheit in diesen Fällen verbreiteten, aber es scheint möglich, dass unsichere Blutentnahmeverfahren und die Wiederverwendung von Nadeln ein Faktor bei der Übertragung sein könnten, da bei den Sauen und infizierten Ferkeln eine hohe Virämie beobachtet wurde.

In Gebieten, in denen das GETV bekannt ist (China und Asien), sollte es neben den „üblichen Verdächtigen“ in die Differentialdiagnose von Fortpflanzungsproblemen und perinataler Sterblichkeit einbezogen werden. Zu jenen zählen die Japanische Enzephalitis B (JEV), das Porzine Parvovirus (PPV), PrV, PRRS, KSP, ASP, PCV2/3, Hitzestress, Managementprobleme, saisonale Unfruchtbarkeit usw. und deren Wechselwirkungen. Schweinebetriebe befinden sich oft in abgelegenen Gebieten mit hohen natürlichen Populationen von Stechmücken und Stechfliegen. Güllelagunen und stehendes Wasser in der Umgebung von Schweinebetrieben können die Vermehrung von Stechmücken begünstigen. Die Japanische Enzephalitis B (JEV) ist ein durch Stechmücken übertragenes Flavovirus, das bei Jungsauen und naiven Sauen zu einem viralen Reproduktionssyndrom führt. JEV kann auch eine schwere Hodendegeneration (Orchitis) bei Ebern hervorrufen. Die meisten Schweinebetriebe in China und Asien impfen gegen JEV und das Parvovirus, so dass schwere reproduktive Folgeerscheinungen, die durch das Virus verursacht werden würden, im Allgemeinen vermieden werden. In Zukunft könnte ein trivalenter Impfstoff gegen GETV, PPV und mehrere JEV-Stämme erforderlich sein.

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