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Aerogene Übertragung von infektionsfähigen PRRSV und Mycoplasma hyopneumoniae

Die Umzäunung eines Schweinebestandes mit hohen Hecken reduziert das Risiko einer aerogenen Erregereinschleppung und -übertragung.

6 März 2015
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Publikation

Long-distance airborne transport of infectious PRRSV and Mycoplasma hyopneumoniae from a swine population infected with multiple 
viral variants. Otake S, Dee S,Corzo C, Oliveira S, Deen J. Veterinary Microbiology 145 (2010) 198–208

 

Zum Inhalt der Publikation

Was wurde untersucht?

In der Studie wurden praxisnahe Bedingungen einer Mischinfektion mit verschiedenen PRRSV-Varianten und Mycoplasma hyopneumoniae simuliert. 

Ziel war die Untersuchung einer Luftübertragung dieser Erreger über eine Strecke von 4,7 km und darüber hinaus und deren Lebensfähigkeit in Luftproben.

 

Wie wurde es untersucht?

In einem geschlossenen Stallgebäude mit Zwangslüftung (Luftaustausch über Ventilatoren) wurden 252 Mastschweine gehalten. Diese Schweine dienten 21 Tage lang als Bioaerosol-Quelle von PRRSV und M. hyo, nachdem sie zuvor mit den beiden Erregern experimentell infiziert wurden. 

Um die Luftübertragung von PRRSV und M. hyo zu untersuchen, wurde ein 166 km2 großes Gebiet mit 31 Probenentnahmestellen um den Versuchsstall ausgewählt. Im Umkreis von 16 km lag kein weiterer Schweinebestand. Außerdem wurden mögliche Kontaminationsquellen, wie Ausbringung von Gülle oder Transport von Schweinen, während der Versuchsphase ausgeschlossen.   

Jeden Tag wurden an unterschiedlichen Probenentnahmestellen je nach vorherrschender Windrichtung Luftproben gezogen. Zusätzlich wurde mit derselben Entnahmevorrichtung im Abstand von etwa einem Meter vom Abluftventilator des Versuchsstalls täglich über 30 Minuten eine Luftprobe genommen.   

Jede Probe wurde mittels PCR-Technik untersucht. Bei einem positiven Ergebnis für PRRSV oder M. hyo wurde ein Bioassay an Schweinen durchgeführt, um die Infektiosität der gefundenen Isolate zu bestätigen. Dazu wurden die Schweine im Falle von PRRSV intramuskulär und im Falle von M. hyo intratracheal infiziert.

 

Was sind die Ergebnisse?

Während der 21-tägigen Versuchsphase wurden 114 Luftproben in großer Entfernung zum Versuchsstall und 21 Proben vom Abluftventilator gezogen (insgesamt 135 Luftproben). Letzte waren alle PRRSV-positiv (21 von 21, 100%) und 8 (38%) M. hyo-positiv.      

Von den 114 Umgebungsluftproben waren 5 (4,4%) in der PCR PRRSV-positiv. Die positiven Proben wurden 2,3 km, 4,6 km, 6,6 km und 9,1 km vom Versuchsstall entfernt gezogen. Phylogenetische Untersuchungen deuteten auf eine hohe Homologie (>99,2%) zum Ursprungstamm hin.   

Bei den PCR-Untersuchungen auf M. hyo waren 6 Proben (5,3%) positiv. Die Entnahmestellen dieser Proben lagen 3,5 km, 4,6 km, 5,2 km, 6,8 km, 9,1 km und 9,2 km vom Versuchsstall entfernt. Alle Proben wiesen eine hohe Homologie (99,9%) zum ursprünglichen M. hyo-Stamm auf. 

Mithilfe eines Bioassays an Schweinen konnte die Lebensfähigkeit der gefundenen Isolate von PRRSV und M. hyo bestätigt werden. 

 

Welche Schlussfolgerung kann aus der Publikation gezogen werden?

Die Ergebnisse bestätigen, dass eine Luftübertragung von PRRSV und M. hyo über eine Distanz von bis zu 9,2 km möglich ist.

Es gab große Unterschiede bei den Konzentrationen an infektiösem PRRSV. So war der Gehalt an PRRSV im Versuchsstall deutlich höher (etwa 4 log-Stufen) als in den weit entfernten Luftproben (etwa 1-2 log-Stufen).

Die Topographie des Geländes hat einen entscheidenden Einfluss auf die Ergebnisse. In Gebieten mit dichten Wäldern oder in Höhenlagen wären die Untersuchungsergebnisse wahrscheinlich anders ausgefallen.

 

Enric MarcoBedeutung für die Praxis aus Sicht von Enric Marco

Seit Jahren wissen wir, dass M. hyo über weite Strecken über die Luft übertragen werden kann. Durch Auswertung epidemiologischer Untersuchungen ging man von Entfernungen von bis zu 3 km unter idealen Bedingungen aus - kaltes Wetter, leichter Wind, hohe Luftfeuchtigkeit und flache Landschaft. Die vorliegende Arbeit bestätigt nun die Luftübertragung von M. hyo über eine Distanz von sogar mehr als 9 km. Im Falle von PRRSV schien die Situation nicht immer so klar. Selbst Scott Dee (einer der Autoren der Studie) zweifelte lange Zeit über eine mögliche Luftübertragung des Virus. Heute ist es dagegen Konsens, dass PRRSV über die Luft übertragen werden kann (einige Stämme mehr als andere). Allerdings hätte niemand damit gerechnet, dass das Virus über so weite Strecken hinweg noch infektiös ist (9,1 km). In der Publikation wird darüber diskutiert, ob die experimentelle Mischinfektion mit beiden Erregern bei den Schweinen im Versuchsstall zu einer Verschärfung der Infektion und dadurch auch zu einer verstärkten aerogenen Ausbreitung geführt haben könnte. So oder so gilt festzuhalten, dass eine Luftübertragung beider Pathogene möglich ist. Diese Gefahr muss deshalb bei der äußeren Betriebssicherheit berücksichtigt werden, um den Schweinebestand vor einer Infektion zu schützen.         

Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass die Standortauswahl für neue Bestände besonders wichtig ist, wenn man den Bestand lange frei von den angesprochenen Erregern halten möchte. Der nächste Schweinebestand sollte natürlich so weit wie möglich entfernt liegen. Bei flachem Terrain (wie im Bespiel der Studie) sollte die Distanz zum Nachbarbestand mehr als 10 km betragen. Eine bergige/unebene Landschaft mit Bäumen hilft bei der Begrenzung der aerogenen Übertragung beider Erreger. Wie die Studie zeigt, reduzierte sich mit zunehmender Entfernung der Virusgehalt in den verschiedenen Proben. Je mehr "Hindernisse" das Virus überwinden muss, desto kürzer ist die Distanz einer möglichen Luftübertragung. In Ländern wie Brasilien nutzt man diesen Effekt und errichtet um neue Schweinebestände einen etwa 100m breiten Gürtel mit Bäumen (Eukalyptus).

Schweinebestand

Doch wie schützt man nicht optimal gelegene Bestände? In den USA werden seit Jahren Luftfiltersysteme verwendet, die vor einem aerogenen Erregereintrag schützen sollen. Diese Filter sind sehr teuer und können nur in Ställen mit Zwangslüftung installiert werden. Allerdings garantieren diese Anlagen auch keinen 100%igen Schutz, sie reduzieren nur das Risiko einer Infektion. Auf Grundlage der Ergebnisse der vorliegenden Studie könnte die Umzäunung des Bestandes mit hohen Hecken ebenfalls das Risiko einer aerogenen Erregereinschleppung bzw. -übertragung reduzieren. Diese Maßnahme wird in einigen Teilen Europas bereits häufig umgesetzt, in anderen Gebieten findet sie dagegen kaum Beachtung. Doch wenn alle Bestände in einem bestimmten Gebiet von einer Hecke (selbstverständlich mit einer bestimmten Höhe) umgeben wären, würde dies nicht nur eine Erregerausbreitung aus dem Bestand erschweren, sondern gleichzeitig auch das Risiko eines Erregereintrags minimieren. Die Kombination beider Effekte würde zu einer Reduktion der Häufigkeit von Krankheitsausbrüchen führen. Solche Maßnahmen sollten in Gebiete berücksichtigt werden, in denen bereits regionale Kontrollpläne eingeleitet wurden. So könnte mit relativ geringen Investitionen große Wirkungen erzielt werden. In Situationen, in denen die Umsetzung einer breiten und hohen Hecke nicht möglich ist, könnte ein dichter Zaun ebenfalls helfen, die laminare Luftströmung zu unterbinden.

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