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Klinischer Fall: Reproduktionsstörung

Die Betriebsleiter meldeten vermehrte Umrauscher bei den Sauen (zwischen dem 17. und 28. Tag, zyklisch und azyklisch, mit einer Umrauschquote von 22%). Außerdem zeigten einige Sauen Stunden nach der künstlichen Besamung einen mukösen, weißen bis bräunlichen (schokoladenartigen) vulvovaginalen Ausfluss.

Vorstellung des Betriebes

Der Betrieb ist eine Genossenschaft und besteht aus 2 Ferkelerzeugereinheiten (FE) und einer Eberstation (ES) im Bundesstaat Paraná (Brasilien). Die FEs liegen etwa 60 km voneinander entfernt, die ES 35 km vom FE1 und 60 km vom FE2 (Abbildung 1).

Die FEs liegen etwa 60 km voneinander entfernt, die ES 35 km vom FE1 und 60 km vom FE2.

Abbildung 1. Entfernung zwischen Ferkelerzeugereinheiten (FE) und Eberstation (ES).

Im März 2011 meldeten die Betriebsleiter der FEs vermehrte Umrauscher bei den Sauen (zwischen dem 17. und 28. Tag, zyklisch und azyklisch, mit einer Umrauschquote von 22%). Außerdem zeigten einige Sauen Stunden nach der künstlichen Besamung einen mukösen, weißen bis bräunlichen (schokoladenartigen) vulvovaginalen Ausfluss. Die höchste Inzidenz zeigte sich bei Jungsauen, allerdings waren auch multipare Sauen betroffen. Die abgesetzten Sauen werden in Kastenständen bei einer kontrollierten Temperatur von 21°C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 60-70% gehalten. Dort verbleiben sie auch die ersten 7-8 Wochen der Trächtigkeit.

Das Problem trat an zwei Standorten auf. Im Hinblick auf die Betriebshygiene wurde nach den Protokollen der betreuenden Firma zuerst die ES und danach die FEs besucht. Der erste klinische Verdacht fiel auf das Vorkommen von Mykotoxinen. Deshalb zog der Futterlieferant Proben und untersuchte diese. Dabei wurden keine Hinweise auf Mykotoxine im Futter gefunden.

Gesundheitsstatus

Die Tiere in den FEs sind PRRS- und Aujeszky-negativ und positiv auf Mycoplasma hyopneumoniae. In den routinemäßigen Abläufen sind angemessene Betriebshygiene-Maßnahmen etabliert, die eine gute Krankheitskontrolle mit geringer Inzidenz an klinischen Symptomen ermöglichen.

Die Remontierung beginnt mit dem Zukauf von abgesetzten F1-Tieren von einem Vermehrungsbetrieb. Dieser verfügt über eigene Sauenzuchtlinien mit Urgroßelterntieren und Großelterntieren. Das neue genetische Material wird in Form von Ebersperma von Urgroßelterntieren und Großelterntieren nach einem vorgegebenen Programm zugekauft, was die Basis für den züchterischer Fortschritt darstellt. Die Besamungsstation dieser Firma produziert 7.500 Portionen pro Monat.

Die Eberstation

Die ES ist modern, halbautomatisiert und benutzt Einwegmaterial in den Arbeitsabläufen. Die Eber sind frei von Antikörpern gegen PRRS, Aujeszky, Leptospirose und Brucellose und werden alle 6 Monate gegen Rotlauf, Leptospirose und Parvovirus geimpft. Sie werden in 7,5 m Buchten bei einer geregelten Temperatur von 21°C (Bereich zwischen Maximum und Minimum 4-6°C), einer relativen Luftfeuchte von 60-70% und 12-14 Lichtstunden gehalten.

Die Laboreinheiten sind in eine reine, unreine Seite und einen Zwischenbereich aufgeteilt. Bei der Produktion der Spermaportionen wird Wasser aus einem Sammelbehälter verwendet. Dieses wird mit Hilfe einer Umkehrosmoseanlage aufbereitet. Die gesamte Ausstattung besteht aus rostfreiem Edelstahl oder Einwegmaterial für die Verarbeitung des Spermas. Die Portionen werden automatisch in Plastik-Tuben verpackt.

Bestandsbesuch (ES)

Während des Besuches der ES wurden Wasserproben, sowie Proben von unverdünntem und verdünntem Sperma genommen. Des Weiteren wurden Materialien, die bei der Gewinnung und Bearbeitung des Spermas zum Einsatz kommen, beprobt. Die Ergebnisse zeigt Tabelle 1.

Tabelle 1. Bakteriologie.

Probe KBE / mL – Agens
Wasser nach Aufbereitung aus der Umkehrosmoseanlage Kein Bakterienwachstum
Wasser aus dem Homogenisierer mit Verdünnungsmittel 36 KBE
Eintauchkultur von Wasser mit Verdünnungsmittel Wachstum und Isolierung von Burkholderia cepacia
Wasser mit Verdünnungsmittel Wachstum und Isolierung von Burkholderia cepacia
Behälter / Schraube des Homogenisierers Wachstum und Isolierung von Burkholderia cepacia
Sammelrohr Kein Bakterienwachstum
Behälter für Dosierer Kein Bakterienwachstum
Dosiereröffnung Kein Bakterienwachstum

(KBE) Koloniebildende Einheit

Tabelle 2. Bakteriologie von verdünntem Sperma

Probe Isolierter Erreger
Verdünntes Sperma - 1 Burkholderia cepacia
Verdünntes Sperma - 2 Burkholderia cepacia
Verdünntes Sperma - 3 Burkholderia cepacia
Verdünntes Sperma - 4 Burkholderia cepacia

Ergebnisse

Dadurch wurde bestätigt, dass eine vorherige Kontamination im Behälter des Homogenisierers (in der Schraube und der Einweg-Plastik-Auskleidung des Behälters) stattgefunden hat. Außerdem trat aufgrund der hohen Konzentration auch eine Kontamination der Spermaportionen auf, die zu dieser Zeit produziert wurden. Es wurde derselbe Erregerstamm wie im Verdünnungsbehälter isoliert.

Erstes Fazit: Der Einweg-Plastik-Beutel im Behälter wurde nur einmal pro Woche gewechselt. Die Empfehlung lautete, alle Einweg-Materialien nach jeder Produktion zu wechseln.

Bestandsbesuch (FE 1)

Während des Bestandsbesuches der FE wurden Urinproben genommen. Dabei wurde nur Mittelstrahlurin in sterilen Behältern unter Einhaltung hygienischer Standards gewonnen. Die Proben wurden sofort gekühlt an das zu untersuchende Labor geschickt.

15% der Urinproben zeigten bakterielles Wachstum von Burkholderia cepacia. Dieses Bakterium kommt gewöhnlich in der Erde oder Wasser vor und kann in feuchter Umgebung lange überleben. Einige Studien brachten das Vorkommen von Burkholderia cepacia mit der zystischen Fibrose bei Atemwegserkrankungen beim Menschen in Verbindung.

Beim Rundgang durch den Stall fiel eine Jungsau mit vulvovaginalem Ausfluss auf. Die klinische Untersuchung dieser Jungsau ergab physiologische Werte ohne Anzeichen auf Fieber (Rektaltemperatur 38,7°C) oder Fressunlust. Die einzigen klinischen Befunde waren der schleimige Ausfluss und die Hyperämie der vaginalen Schleimhaut. Die Sau wurde vor Kurzem besamt (erste Spermaportion am Morgen, Probennahme am späten Nachmittag).

Die Bilder zeigen vaginalen Ausfluss.

Abbildung 2. Die Bilder zeigen vaginalen Ausfluss.

Es wurden Tupferproben zur bakteriellen Untersuchung genommen. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle aufgeführt:

Tabelle 3. Ergebnisse der bakteriellen Untersuchung.

Probe Isolierter Erreger
Vaginalschleimhaut Wachstum und Isolierung von Burkholderia cepacia
Cervixschleimhaut Wachstum und Isolierung von Burkholderia cepacia
Uterusschleimhaut Wachstum und Isolierung von Burkholderia cepacia
Blasenschleimhaut Kein Wachstum

Reproduktionsstörung

Abbildung 3. Reproduktionstrakt einer Jungsau. Abbildung 4. Öffnung der Cervix zur Tupferprobenentnahme.

Eitriger Mucus auf der Schleimhaut der Cervix und des Uterus.

Abbildung 5. Eitriger Mucus auf der Schleimhaut der Cervix und des Uterus.

Es wurden weitere kürzlich besamte Sauen mit denselben klinischen Symptomen für eine Tupferprobenentnahme ausgewählt. Dabei wurden Einweg-Spekula verwendet, um die Vaginalschleimhaut besser öffnen und den Tupfer weiter einführen zu können.

Blase ohne makroskopische Veränderungen
Abbildung 6. Blase ohne makroskopische Veränderungen

Es wurden weitere kürzlich besamte Sauen mit denselben klinischen Symptomen für eine Tupferprobenentnahme ausgewählt. Dabei wurden Einweg-Spekula verwendet, um die Vaginalschleimhaut besser öffnen und den Tupfer weiter einführen zu können. Des Weiteren entschlossen wir uns zur diagnostischen Tötung einer Jungsau mit vaginalem Ausfluss. Bei der Sektion extrahierten wir den gesamten Genitaltrakt und entnahmen Tupferproben von dem purulenten Schleim auf der Zervix, Vagina und den Uterushörnern für eine mikrobiologische Untersuchung.

Zweites Fazit: In allen Untersuchungsmaterialien, die zur mikrobiologischen Bestimmung genommen wurden, wurde dasselbe Bakterium nachgewiesen: Burkholderia cepacia.

Folgende Maßnahmen wurden durchgeführt:

1. Behandlung erkrankter Sauen mit Ceftiofur per Injektion;
2. Aussortieren von Sauen, die wiederholten Ausfluss zeigen;
3. Autoklavierung aller kontaminierten Labormaterialien;
4. Täglicher Wechsel des Einweg-Beutels im Mischbehälter;
5. Verbesserung des Gesundheitsschutzes der Angestellten, Gebrauch von Einweg-Masken während der Verarbeitung der Spermaportionen;
6. Alle 15 Tage Besuch der Eberstation und der Sauenbetriebe, Probennahme von allen Stufen der Spermaproduktion bis die Verhältnisse wieder normal sind;
7. Vermeidung der Lagerung von Spermaportionen über 72 Stunden.

8. Das Problem konnte im Labor nach 3 Wochen gelöst werden, allerdings dauerten die Verluste 10 Wochen an.

Das Verdünnungsmittel, welches bei der Verarbeitung des Spermas gebraucht wurde, enthielt zwar Antibiotika, allerdings waren die Bakterien dagegen resistent (Tabelle 4). Deshalb wurde der Zusatz einer antibiotischen Substanz, gegen die B. cepacia sensibel ist, in das Verdünnungsmittel gefordert.

Tabelle 4. Antibiogramm-RG 131

Antibiotika Burkholderia cepacia
(Wasser mit Verdünnung)
Burkholderia cepacia
(Verdünntes Sperma mit 88645)
Hemmhof Sensitivität Hemmhof Sensitivität
Amoxicillin 10 mcg 6 mm R 6 mm R
Ampicillin 10 mcg 6 mm R 6 mm R
Apramycin 15 mcg 16 mm S 16 mm S
Ceftiofour 30 mcg 26 mm S 26 mm S
Colistin 10 mcg 6 mm R 6 mm R
Enrofloxacin 5 mcg 26 mm S 26 mm S
Spectinomycin + Lincomycin 100+9 mcg 14 mm R 14 mm R
Florfenicol 30 mcg 16 mm I 16 mm I
Gentamicin 10 mcg 6 mm R 6 mm R
Neomicin 30 mcg 6 mm R 6 mm R
Norfloxacin 10 mcg >30 mm S >30 mm S
Penicilin G 10 um 6 mm R 6 mm R
Sulfazotrim 25 mcg (Sulfametazin+Trimetropim) 6 mm R 6 mm R

LEGENDE: S = Sensibel, R = Resistent, I = Intermediär

Methode: Agardiffusionstest
Referenz: CLSI (Clinical And Laboratory Standards Institute)

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