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Klinischer Fall: Aborte in einem Zuchtbestand - ein alter Bekannter kehrt zurück

Die "normale" sporadische und ungeklärte Abortrate bei Sauen, die belegt wurden und positiv tragend getestet wurden, beträgt etwa 1 bis 2%.

Die "normale" sporadische und ungeklärte Abortrate bei Sauen, die belegt wurden und positiv tragend getestet wurden, beträgt etwa 1 bis 2%. Über den Blutweg infizieren sich gewöhnlich die Schweinefeten mit Aborterregern wie Viren und Bakterien. Der Infektion geht dabei eine anfängliche Septikämie voraus - Dieses Infektionsmuster unterscheidet sich nicht von dem anderer Nutztiere, wenn auch beim Schwein mehr Feten vorhanden sind und somit auch mehr Ferkel im Vergleich zu Lämmern oder Kälbern betroffen sein können.

Vorstellung des klinischen Falles

Untersucht wurde ein australisches Zuchtunternehmen, bei dem vermehrt Aborte auftraten. Die Betriebe des Unternehmens werden im multi-site Verfahren an mehreren getrennt gelegenen Standorten bewirtschaftet und befinden sich im Süden Australiens. Die Biosecurity ist an allen Standorten sehr gut. Außerdem ist Australien frei von PRRS und verschiedenen anderen Infektionskrankheiten, die in Europa und Amerika endemisch vorkommen, sodass der allgemeine Gesundheitsstatus als sehr gut angesehen werden kann. Allerdings wurden über einen langen Zeitraum nur sehr beschränkt lebende Schweine importiert, was dazu führte, dass durch diese Isolierung der Schweineindustrie nur ein begrenzter Pool moderner Schweinegenetik in Australien vorhanden ist.

In dem Vermehrungsbetrieb St Arnaud 2-3 wurde vorberichtlich eine erhöhte Abortrate beobachtet. Etwa 5% der wöchentlichen Abferkelungen waren betroffen. Dabei fiel auf, dass fast ausschließlich Jungsauen abortierten. Das folgende Foto zeigt das untersuchte Abortmaterial: Zahlreiche abortierte Feten sind deutlich mumifiziert und waren bereits seit einiger Zeit in utero tot. Die Anzahl der Ferkel entsprach meist einer normalen Wurfgröße.

Zahlreiche abortierte Feten sind deutlich mumifiziert und waren bereits seit einiger Zeit in utero tot.

Aufgrund der inakzeptablen Abortrate wurden die genauen Tierbewegungen der Zuchttiere innerhalb des Zuchtunternehmens erfragt. Das Unternehmen besteht aus Nukleusbeständen und Vermehrungsbetrieben, die weit voneinander entfernt liegen.

Schweine, die für den Vermehrungsbetrieb St Arnaud 2-3 vorgesehen sind, stammen aus dem Nukleusbestand St Arnaud 1, welcher etwa 20 km entfernt liegt. Beide Standorte sind gut etablierte Zuchtbetriebe. Die jungen Ferkel aus dem Betrieb St Arnaud 1 werden mit 3 Wochen abgesetzt und zunächst zu einem etwa 100 km entfernten Betrieb mit Freilandhaltung transportiert. Dieser Zwischenbetrieb wird von einem Vertragslandwirt betreut und wurde neu aufgebaut, d.h., es wurden an diesem Standort zuvor keine Schweine gehalten. Die Aufzucht der Schweine erfolgt nach dem Rein-Raus-Prinzip. Im Alter von 25 Wochen werden die ausgewählten Sauen zum Vermehrungsbetrieb St Arnaud 2-3 transportiert.

Betrieb mit Freilandhaltung

Das folgende Flussdiagramm zeigt die Tierbewegung (pig flow) des Zuchtunternehmens von Standort zu Standort. Der Ausbruch fand in den Abferkelabteilen im Betrieb St Arnaud 2-3 HIP statt.

Protokoll der Tierbewegung (pig flow) der Jungsauen

Protokoll der Tierbewegung (pig flow) der Jungsauen

Bei Ankunft im Vermehrungsbetrieb St Arnaud 2-3 werden die Jungsauen direkt eingegliedert, gegen Parvovirose, Leptospirose und Rotlauf geimpft und anschließend belegt. Das alles geschieht innerhalb der ersten 2 Wochen. Die Aborte traten größtenteils bei den Schweinen auf, die von einem älteren Betriebsmanager betreut wurden.

Diagnostische Untersuchungen

Eine weiterführende Untersuchung wurde eingeleitet. Die mumifizierten Feten und weiteres Abortmaterial befanden sich bei Ankunft im Labor, welches 200km entfernt liegt, in einem Zustand fortgeschrittener Autolyse. Es konnten daher keine eindeutigen Ergebnisse ermittelt werden. Auch bei sonst frischen Proben liegt der diagnostische Erfolg bei der Untersuchung von Schweineaborten oftmals nur bei 30 bis 40%.

Zusätzlich wurden Blutproben als Querschnittsuntersuchung im gesamten Zuchtunternehmen gezogen und auf Aborterreger und Antikörpertiter gegen das Porzine Parvovirus (PPV) untersucht. PPV ist ein in den meisten Betrieben ubiquitär vorkommendes Virus und zirkuliert oftmals in den Aufzuchtbeständen. Der frühe Kontakt zu PPV führt daher in den meisten Beständen bereits vor der Belegung zu einem Anstieg der Antikörper und zu einer Immunität, egal ob mit oder ohne Impfung. Bei der Untersuchung auf PPV-Titer bei Sauen und älteren Schweinen würde man daher ein positives Ergebnis erwarten. Die PRRS Titer waren negativ.

Allerdings zeigten die Ergebnisse der Blutuntersuchung eine langsame und nicht-gleichmäßige Verteilung der Titer bei den Schweinen zum Ende der Aufzucht im Zwischenbetrieb mit Freilandhaltung (vgl. Diagramm Parvo-Antikörpertiter).

Diagramm Parvo-Antikörpertiter

Das frühe Absetzen und die Aufzucht an dem isolierten Zwischenbetrieb mit geringem bzw. keinem Kontakt zu Parvovirus führten zu unzureichenden Parvo-Antikörpertitern innerhalb der angeschlossenen Zuchtbestände. Außerdem ließ das Management des Betriebsleiters am Standort St Arnaud 2-3 keine ausreichende Zeit für die Impfmaßnahmen gegen Parvovirose zu. Somit konnte keine schützende Immunität vor der ersten Belegung aufgebaut werden. Vielmehr wurden die Schweine tragend und hatten zur selben Zeit den ersten Kontakt zu PPV. Dieser zeitliche Zusammenhang führte zum Absterben der Feten und zu den Mumifikationen.

Jungsauen haben oftmals keine ausreichende eigene Immunität gegenüber Infektionen im Zuchtbestand und bedürfen daher einer gewissenhaften Eingliederung. Dazu zählt auch die Durchführung der Impfungen nach einem korrekten Protokoll mit ausreichend Zeit, damit eine Immunität aufgebaut werden kann.

Schlussfolgerung

Die Routine-Impfungen tragender oder größerer Zuchtschweine sind in der Freilandhaltung schwierig durchzuführen, besonders bei sehr großen Ausläufen und großen Tiergruppen mit wenig Menschenkontakt. Es ist allerdings auch bei diesen Haltungsformen von großer Bedeutung, dass allen Tieren die Impfung korrekt injiziert wird und bei allen das 2-Dosen-Schema (Grundimmunisierung und Boosterung) angewendet wird.

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